Das unaussprechbare Wort «Chuchichäschtli»

Es ist ein Klassiker: Wer kann das Schweizerdeutsche Wort «Chuchichäschtli» aussprechen? Tatsächlich ist dies für viele Personen, die kein Schweizerdeutsch sprechen, eine grosse Herausforderung. Weshalb das so ist – und vieles mehr –, werden wir in diesem Blogbeitrag herausfinden.

Im Einführungsblogbeitrag zum Schweizerdeutschen haben wir gelernt, dass im Schweizer Hochdeutsch sogenannte Helvetismen vorkommen, also sprachliche Besonderheiten, die beispielsweise in Deutschland oder Österreich nicht verwendet werden. Während es im letzten Blogbeitrag («Peperoni oder Paprika?») um einen Helvetismus im Bereich des Wortschatzes – Peperoni – ging, widmen wir uns in diesem Blogbeitrag der Aussprache.

Was ist ein «Chuchichäschtli»?

«Chuchichäschtli» setzt sich aus den beiden Wörtern «Chuchi» und «Chäschtli» zusammen. (Siehe auch den Blogbeitrag «Komposita – zusammengesetzte Wörter».) «Chuchi» ist das Schweizerdeutsche Wort für «Küche»; «Chäschtli» meint «Kästchen» bzw. «Kästlein», also «Kasten» in der Verkleinerungsform (Diminutiv). Gemeint ist folglich ein kleiner Küchenschrank.

Warum ist es so schwierig, «Chuchichäschtli» auszusprechen?

Schwierig ist hier vor allem das «Ch», welches dreimal kurz nacheinander vorkommt. Eine bekannte Sprachgrenze ist die sogenannte Kind-Chind-Linie: An dieser Grenze wird das «K» zu «Ch», so zum Beispiel wird «Kind» zu «Chind» und «Kopf» zu «Chopf».

Ist «Chuchichäschtli» ein Helvetismus?

Nein, «Chuchichäschtli» ist kein Helvetismus. Erinnern wir uns daran, dass Helvetismen im Schweizer Hochdeutsch verwendet werden. «Chuchichäschtli» ist jedoch kein Wort, dass wir im Schweizer Hochdeutsch verwenden würden; «Chuchichäschtli» ist ein Schweizerdeutsches Wort, das heisst, ein Wort, das in den verschiedenen Schweizer Dialekten verwendet wird.

Helvetismen im Bereich der Aussprache

Sehen wir uns zuerst einige von vielen Lautunterschieden an:

  • Das «Ch» in beispielsweise «China» und «Chemie» wird im Schweizer Hochdeutsch wie das «Ch» in «machen» ausgesprochen.
  • Die Endung «-ig» – beispielsweise in «König» – wird im Schweizer Hochdeutsch tatsächlich als «-ig» gesprochen, wohingegen im Standarddeutschen «Könich» gesagt würde.
  • Im Schweizer Hochdeutsch hört man «Dachs» wieder mit «Ch» wie in «machen». Im Standarddeutschen wird «chs» als «X» gesprochen.
  • Im Schweizer Hochdeutsch dominiert das gerollte Zungenspitzen-R; im Standarddeutschen das Zäpfchen-R.
  • Während das «R» am Ende eines Wortes, zum Beispiel in «Vater», im Standarddeutschen nicht ausgesprochen wird, wird es im Schweizer Hochdeutsch sehr wohl ausgesprochen.
  • Im Schweizer Hochdeutsch wird nicht zwischen stimmlosen und stimmhaften «S» unterschieden.
  • Auch wird nicht zwischen dem «ich-» und «ach-Laut» unterschieden.

Wir wollen auch kurz auf einige Besonderheiten im Bereich der Betonung eingehen:

  • Viele Fremdwörter werden im Schweizer Hochdeutsch auf der ersten Silbe betont, beispielsweise «Asphalt», «Apostroph», «Balkon», «Billet», «Budget», «Büro», «Garage», «Labor», «Papagei», «Portmonee» etc.
  • Auch als Buchstaben gesprochene Akronyme wie «EU», «WM», «CD», «WC» und «FDP» werden statt auf der letzten auf der ersten Silbe betont.

Nicht zuletzt fällt das Schweizer Hochdeutsch durch seinen singenden Tonfall auf. Das heisst, dass betonte Silben eher lauter und um einiges tiefer oder höher ausgesprochen werden.

Welche sind deine Erfahrungen im Bereich der Aussprache?

Ich hoffe, dass euch dieser Blogbeitrag das Schweizer Hochdeutsch etwas näherbringen konnte und dass ihr, im besten Fall, das Schweizer Hochdeutsch nun etwas besser verstehen könnt.

Die Liste der Unterschiede ist keinesfalls abschliessend. Bestimmt fallen euch weitere Unterschiede in der Aussprache auf, beispielsweise wenn ihr die Nachrichten schaut oder Radio hört.

Deswegen würde es mich freuen, über eure Erfahrungen im Zusammenhang mit der Schweizer Aussprache in den Kommentaren zu lesen. Auch Inputs, Feedback und weiteres ist immer sehr willkommen. Und natürlich auch Antworten auf die Frage: Gelingt es euch, «Chuchichäschtli» auszusprechen? 😉

Nelly Müller – Sprachen Akademie

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